Windkraft in Ettlingen?

Im März gab es in der Schloßgartenhalle zwei lebhafte Sitzungen, in denen sich zur Vorberatung zuerst der Ausschuß für Umwelt und Technik und danach der Gemeinderat zur endgültigen Stellungnahme mit diesem Thema befassen durften.

Es ging allerdings nicht um die Frage, ob in Ettlingen Windkraftanlagen gebaut werden, sondern, wie sich Ettlingen zu der übergeordneten Planung zur Ausweisung von theoretisch geeigneten Vorranggebieten für die Ansiedlung von Windkraft verhält.

Nach der neuesten Bundesgesetzgebung soll ein Siedlungsraum 1,8% seiner Fläche für Windkraftanlagen als „Vorranggebiet Windkraft“ (theoretisches Ansiedlungsgebiet) exklusiv ausweisen, um danach in allen anderen seiner Flächen die Ansiedlung von Windkraftanlagen verbieten zu können.

Wenn Ettlingen diese 1,8%-Fläche nicht ausweist, kann sich jeder Investor eine Fläche in Ettlingen aussuchen, von Privatleuten Grundstücke pachten und Windkraftanlagen bauen. Ein Verbot durch Ettlingen wäre danach nahezu ausgeschlossen, weil nach der Bundesgesetzgebung Windkraftanlagen privilegierte Vorhaben sind.

Um Windkraft in Ettlingen zu verhindern, gibt es nur einen Weg: Eine 1,8%-Fläche (die sich im Eigentum der Stadt befindet) als Vorranggebiet ausweisen und die endgültige Entscheidung, ob Windkraftanlagen gebaut werden dem Gemeinderat überlassen. Die demokratische Mehrheit vor Ort entscheidet dann und nicht der auswärtige Investor im Zusammenspiel mit der Bundespolitik.

Das Thema war nicht allzu schwer zu verstehen, wenn man zuvor die Sitzungsunterlagen gelesen hat. Was man als Zuhörer dann teils hören konnte, war weit vom Thema entfernt. Man fragte sich, ob manch ein Redner denn die Unterlagen gelesen hatte? Es wurden Redebeiträge nach dem Motto abgeliefert: „Was ich schon immer mal zum Thema Windkraft sagen wollte“; da half auch der Doktortitel nicht weiter – alleine das Lesen der Unterlagen hätte geholfen.

Das Thema Windkraft beschäftigt den Gemeinderat schon seit über 5 Jahren. In der vorangegangenen Legislaturperiode war ich Mitglied des Gemeinderates und aus Gründen des Artenschutzes einer der entschiedensten Gegner von Windkraft in Ettlingen, denn unsere Region ist  der wichtigste Siedlungsraum des Rotmilan. Zudem sind die Prognosen für den „Windertrag“ bei Windkraftanlagen in Ettlingen wirtschaftlich eher „bescheiden“.

Mein Standpunkt ist aber auch, die beste Energie ist diejenige, die wir erst gar nicht verbrauchen – Energiesparen sollte zum „Volkssport“ werden. Im Gemeinderat und Amtsblatt wies ich immer auf unsere gefährliche Abhängigkeit durch Energieimporte aus Rußland und Arabien hin.

Seit dieser Zeit hat sich die Welt und die Gesetzeslage schnell weitergedreht. Spätestens im Februar 2022 ist jedem klar geworden: billiges Gas aus Rußland wird es nur noch dann (wenn überhaupt) geben, wenn wir im Gegenzug bereit sind unsere Freiheit, Demokratie und Sicherheit aufzugeben und uns Putin zu unterwerfen.

So ähnlich können wir auch die Gefahren durch Abhängigkeiten bei Energieimporten aus anderen Nicht-EU-Staaten beurteilen.

Der einzige Weg um bei der Energieversorgung Freiheit und Wohlstand zu bewahren ist, möglichst viel Energie selber zu produzieren und gleichzeitig den „Volkssport Energiesparen“ zu entdecken.

Das bedeutet aus meiner Sicht aber auch, die Atomkraftwerke hätten wir nie abschalten dürfen – manche Politiker hatten die Gefahren durch einen Tsunami an Rhein, Donau und Elbe allerdings für zu groß erachtet – aus meiner Sicht ein schwerer Fehler.

Neben der denkbaren Möglichkeit durch Windenergie einen Teil unserer Energieversorgung in (auch wirtschaftlich) eigenen Händen zu haben, sollten wir alle anderen technisch und wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten prüfen und dann auch beschließen, die uns eine stabile und selbstbestimmte Energieversorgung gewährleisten.

Ob Windkraft in Ettlingen dazu beitragen würde, kann ich noch nicht beurteilen. Ich bekenne mich aber zu meinem Wandel in der Beurteilung; von einem strikten Windkraftgegner bin ich jetzt zu einem neutralen Beurteiler in dieser Frage geworden: Wenn es sinnvoll umzusetzen ist, dann müssen wir es machen!

Neben Windkraft müssen wir die Fotovoltaik so weit wie möglich ausbauen und zielstrebig die Energieerzeugung aus Biogas und Geothermie auf die Tagesordnung setzen. Daneben werden wir weiterhin fossile Energieträger wie Gas und Kohle nutzen müssen, weil wir alle nicht bereit sind, unseren Lebensstandard massiv zu senken – ich auch nicht. Denn wie am 26. März in einem Bericht der BNN über Norwegen zu lesen war, kann selbst Norwegen, das aktuell noch 100% Selbstversorger mit Strom aus regenerativer Energie ist, in 2 Jahren dies nicht mehr gewährleisten, obwohl Norwegen größer als Deutschland ist, viel Wind- und Wasserkraft hat, bei gleichzeitig nur 6% der Einwohner von Deutschland.

Aber so wie bisher geht es nicht weiter und wann die Kernfusion die unerschöpfliche Energiequelle ist, das steht leider noch in den Sternen.

 

Herbert Rebmann
Vorsitzender Für Ettlingen FE e.V.